„Was bedeutet G9 für hochbegabte Kinder?“ Unter dieser Überschrift steht eine Podiumsdiskussion des Landesverbands Hochbegabung am 24. Februar im Haus der Wirtschaft in Stuttgart. Eine Umfrage unter Eltern vorab zeigt, wie vielschichtig diese Fragestellung ist.
Die Resultate beweisen, dass die Eltern sowohl bei G8 als auch bei G9 Vor- und Nachteile sehen. 53 Prozent der Befragten bevorzugen das aktuelle G8-Modell, 47 Prozent sprechen sich für den neuen G9-Zug ab dem Schuljahr 2025/26 aus.
Die G8-Befürworter sehen die Hauptvorteile bei einer kürzeren Schulzeit und einem intensiveren Lernen. Weniger Langeweile durch komprimierten Stoff und weniger Wiederholungen kämen hochbegabten Kindern entgegen, argumentieren die Eltern. Ein frühes Abitur ermögliche einen frühen Studienbeginn und damit ein Arbeiten, das den Interessen der jungen Menschen entspricht. Eine frühere Spezialisierung bedeute eine höhere Eigenmotivation und damit mehr Erfolg in der Schule, argumentieren G8-Befürworter.
Mehr Zeit für außerschulische Aktivitäten sowie eine bessere Balance zwischen Schule und Freizeit führen hingegen die Eltern ins Feld, die sich für ihr Kind G9 wünschen. Die Belastung sei beim achtjährigen Weg zum Abitur zu hoch, „die Kinder sollen noch Kind sein“, betonen mehrere Eltern. Zudem seien viele Jugendliche, die G8 gemacht hätten, noch zu unentschlossen, wohin die Reise gehen soll, und hätten ein Jahr zur Orientierung eingelegt. Dass Kinder, vor allem hochbegabte, die eventuell noch eine Klasse übersprungen haben, unreif aus der Schule entlassen werden, wird mehrfach bemängelt. Der vermeintliche Zeitgewinn sei dadurch wieder verpufft.
Timea Ircsik, Vorsitzende des Landesverbands Hochbegabung, ordnet die aktuelle Debatte ein: „Zahlreiche Eltern berichten von einer „schrecklichen Schulzeit‘ ihrer Kinder und wollen diese auf keinen Fall um ein Jahr verlängern. Langeweile im Unterricht ist nur eine der vielen Ursachen und G9 könnte diese Probleme noch verschärfen“, betont sie. „Daher erhoffen wir uns, dass mit der Anpassung des Bildungsplans auch die Gelegenheit wahrgenommen wird, die Lerninhalte so zu gestalten, dass sie für Hochbegabte mehr Herausforderungen bieten.“
Eine große Chance sieht der LVH darin, dass das Überspringen einer Klasse künftig zur Normalität wird, auch an weiterführenden Schulen. Dafür brauche es jedoch mehr Klassenstufen übergreifende Angebote und mehr Möglichkeiten für das Drehtür-Modell, auch an kleineren Schulen, zeigt Ircsik.
„Es müssen dringend mehr Ressourcen und Programme für die außerunterrichtliche Förderung hochbegabter Kinder zur Verfügung gestellt werden. Mehr AGs, anspruchsvolle Projekte und die Teilnahme an Wettbewerben erfordern finanzielle Unterstützung vom Land und vor allem mehr Anrechnungsstunden für die Lehrkräfte im Ergänzungsbereich“, appelliert die Vereinschefin an die Politik.
Der LVH hofft, dass die seit der Gründung des Vereins bestehende Probleme mit den neuen Bildungsplänen nun endlich angegangen werden und die Situation hochbegabter Kinder und Jugendlichen im Land nachhaltig verbessert wird.
Die Podiumsdiskussion zum Thema „Was bedeutet G9 für hochbegabte Kinder“ findet am Montag, 24. Februar, um 18:30 Uhr im Haus der Wirtschaft in Stuttgart statt. Anmeldung unter kontakt(at)lvh-bw.de.
