Wir möchten Ihnen auf klassische Fragen rund um Hochbegabung ein paar Antworten in dieser FAQ geben und Ihnen hier erste Kontakte nennen.
Häufige Fragen zum Einstieg
Ab welchem IQ gilt ein Kind als hochbegabt?
Hochbegabung als normativer Wert gesehen ist das Ergebnis eines Intelligenztests. Als hochbegabt gilt, wer im Rahmen eines anerkannten Tests einen IQ von 130 oder höher erreicht. Eine solche Hochbegabung ist selten: nur zwei bis drei von 100 Kindern erreichen in diesen Tests solche Ergebnisse. Das heißt, bei einem Intelligenztest haben rund zwei Prozent aller Kinder einen IQ über 130 und gelten damit offiziell als hochbegabt. Der Wert von 130 ist aber dennoch eine künstlich gewählte Grenze, Anzeichen von Hochbegabung treten auch schon vor der Marke 130 deutlich zutage.
Woran merke ich, dass mein Kind hochbegabt ist?
Hochbegabte Kinder unterscheiden sich von anderen Kindern nur durch das Ausmaß ihrer Intelligenz, also v.a. durch schnelle Verarbeitungsgeschwindigkeit und Auffassungsgabe. Sie sind schüchtern oder vorlaut, frech oder brav, mutig oder ängstlich, sportlich oder musikalisch wie alle anderen Kinder auch. Sie sind ganz normal.
Trotzdem verblüffen manche Kinder ihre Umgebung z.B. durch ein besonders gutes Gedächtnis. Manche Kinder beschäftigen sich in sehr frühem Alter – das kann durchaus zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr beginnen – mit Zahlen und Buchstaben, und einige von ihnen lernen auch sehr schnell lesen und rechnen. Hochbegabte Kinder sind in der Regel sehr wortgewandt und verstehen z.B. deutlich vor Gleichaltrigen Ironie. Wissen saugen sie förmlich auf und haben schon früh einen starken eigenen Willen. Manchmal fragen sehr junge Kinder nach komplexen Zusammenhängen oder existentiellen Dingen, wie dem Tod oder dem Sinn des Lebens.
Wann und ab welchen Alter ist ein Test sinnvoll?
Dazu gibt es in der Wissenschaft unterschiedliche Meinungen. Wir raten zu anerkannten Tests, wenn Ihr Kind Probleme in der Kita oder Schule hat und Sie als Eltern vermuten, Ihr Kind könne überdurchschnittlich intelligent sein. Auch wenn eine Entscheidung ansteht, wie z. B. eine vorzeitige Einschulung oder das Überspringen einer Klasse, kann ein Test sinnvoll sein, aber nicht notwendig. Für Ihr Kind selbst kann es aber durchaus hilfreich sein, zu verstehen, warum es sich evtl. so anders fühlt als andere Gleichaltrige. Ebenso können Sie als Eltern in ihrem Handeln unterstützen und bspw. in Gesprächen mit Erzieher*innen und Pädagog*innen hilfreich sein.
Wohin kann ich mich in Baden-Württemberg wenden, wenn ich mein Kind testen lassen will?
Zur Entscheidung für eine Teststelle empfehlen wir einige Kriterien, an die Sie sich halten können.
- Wenn Ihr Kind bereits die Schule besucht oder vorzeitig eingeschult werden soll: Wenden Sie sich am besten an die Schulpsychologische Beratungsstelle – dort können Sie Ihr Kind in der Regel kostenlos testen lassen und treffen im Thema geschulte und erfahrene Psycholog*innen an.
- Wenn Ihr Kind noch den Kindergarten besucht, können Sie sich in der Telefonberatung des Kompetenzzentrums des Landesgymnasiums für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd über die Diagnostik informieren.
- Wenn Sie über eine andere Stelle gehen möchten, sollten nur ausgebildete Diplom-Psychologen die Tests durchführen, die zudem Erfahrung in der Thematik aufweisen.
- Es sollte immer ein Vorgespräch mit Ihnen geben und nach dem Test ein Auswertungsgespräch sowie ein schriftliches Gutachten.
- Wenn Sie eine genaue Diagnose brauchen, sind Gruppentests i.d.R. ungeeignet, zudem für einige Kinder die Atmosphäre / der Lärmpegel von Gruppentestungen nicht passt und zu falschen (zu niedrigen) Ergebnissen führen können.
Gibt es andere Möglichkeiten, besondere Intelligenz festzustellen als einen klassischen Intelligenztest?
Checklisten, die Sie auch im Internet finden können und anhand derer Lehrer oder Eltern erkennen sollen, ob das Kind hochbegabt ist, bieten lediglich erste Hinweise. Nur eine genaue und professionell erstellte Diagnostik durch einen Test an qualifizierter Stelle gibt ein genaues Ergebnis. So kann auch das Potential so genannter „Underachiever“ entdeckt werden – das sind Kinder, die trotz ihrer hohen Intelligenz nicht die laut IQ erwartete Schulleistung erbringen.
Was kann ich tun, wenn sich eine besondere Begabung herausstellt?
Oft ist es für Eltern eine Bestätigung dessen, was sie schon länger geahnt haben. Jedes Kind ist anders und gerade die hochbegabten brauchen dann eine besondere Beratung, was nun für dieses spezielle Kind gut ist.
Wichtig ist, dass Ihr Kind mit Gleichgesinnten immer Mal wieder mit zusammenkommt und merkt, dass es nicht allein ist. Über den LVH können Sie dazu an Veranstaltungen und Ferienprogrammen teilnehmen.
In der Schule bietet es sich bei manchen Kindern an, dass sie überspringen, vielleicht auch mehrmals. Das sollte jedoch jeweils spezifisch, auch zusammen mit den Lehrern, besprochen und entschieden werden. Wenn ein Kind bspw. sozial sehr gut in eine Klassengemeinschaft integriert ist, könnte dieser Punkt schwerer wiegen als die kognitiven Fähigkeiten zum Überspringen einer Klasse. Dann kann fehlender Input nachmittags außerschulisch nachgeholt werden.
Auch bei der Wahl der weiterführenden Schule ist eine genaue Überlegung angebracht und man wird eher ein Gymnasium mit einem hohen Leistungsanspruch wählen als eine Schule, der vor allem die Förderung schwächerer Kinder am Herzen liegt.
Haben Sie die Möglichkeit vor Ort, melden Sie Ihr Kind an einem der Gymnasien mit Hochbegabtenzug in Baden-Württemberg an. Hier ist Ihr Kind mit Gleichgesinnten in der Klasse und bei eventuellen Leistungs- oder Motivationsschwierigkeiten werden die Lehrkräfte die Fähigkeiten Ihres Kindes nicht in Frage stellen, was sich stark auf die möglichen Lösungswege auswirken kann.
Darüber hinaus sind Sie als Eltern neben der Schule selbst gefragt, Ihr Kind dabei zu unterstützen, sein Potenzial umzusetzen, auch unangenehme oder langweilige Aufgaben zu erledigen und schließlich das Lernen zu lernen – denn das fällt hochbegabten Kindern oft schwer.
Nachmittagskurse zu thematischen Neigungen des Kindes können Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten außerhalb der Schule bieten, die in der Schule oft nicht möglich sind. Manche Kinder wollen nachmittags solche zusätzlichen Kurse und Sportvereine besuchen und Musikunterricht nehmen, anderen wird das zu viel und sie brauchen vielleicht Zeit zuhause, um Ihren eigenen Ideen nachgehen zu können. Sie als Eltern kennen Ihr Kind am besten. Sprechen Sie mit Ihrem Kind – vieles können Sie gemeinsam bereden, entscheiden und aushandeln – Ihr Kind ist dazu kognitiv in der Lage.
Der LVH versucht die Eltern in diesen Fragen kompetent zu beraten.
Wie kann mein Kind vorzeitig eingeschult werden?
Die Einschulung Ihres Kindes vor dem sechsten Geburtstag gestaltet sich durch die Gesetzgebung einfach. Kinder, die im Laufe des ersten Schuljahres bis zum 30. Juni sechs Jahre alt werden, können ohne eine besondere Testung eingeschult werden. Es ist hilfreich, den Wunsch mit den Erzieher*innen zu besprechen, die Entscheidung liegt jedoch bei Ihnen als Eltern. Wenn die Schullleitung der zukünftigen Grundschule Bedenken hat, kann ein (kognitiver) Schuleignungstest durch die Schulpsychologische Beratungsstelle verlangt werden; dies geschieht jedoch äußerst selten.
Ist eine vorzeitige Einschulung sinnvoll?
Vieles spricht für eine vorzeitige Einschulung, wenn eine besondere Begabung bereits im Kindergartenalter offensichtlich ist. So können beispielweise die Langeweile im letzten Kindergartenjahr und die quälende Unterforderung der ersten Klasse vermieden werden. Häufig haben hochbegabte Kinder auch eher ältere Freund*innen, mit denen sie nun gemeinsam eingeschult werden. Zudem eröffnet für viele das schnelle Erlernen des Lesens eine neue Welt. Nicht zwingend notwendig ist eine vorzeitige Einschulung, wenn Ihr Kind im Kindergarten sehr gut integriert und ihm eine seinen Fähigkeiten entsprechende Förderung zuteil wird. Unsere Erfahrungen zeigen, dass eine vorzeitige Einschulung nur selten bereut wird.
Muss mein Kind einen Intelligenztest machen, wenn es eine Klasse überspringen soll?
Kinder, die in ihren schulischen Leistungen ihren Klassenkameraden weit voraus sind, wechseln häufig ohne Intelligenztest in die nächsthöhere Klasse. Ein IQ-Test ist also keine Voraussetzung für das Überspringen, stellt er doch nur einen Mosaikstein in der Persönlichkeit des Kindes dar. Wochen- oder gar monatelanges Warten auf die Durchführung des IQ-Tests verschleppen manchmal Entscheidungen, die kurzfristig getroffen werden müssten. Sind sich Eltern und Schule über die Erfolgsaussichten eines Überspringens nicht einig, ist es sicherlich am sinnvollsten die Entscheidung für oder wider das Überspringen in einer Runde aller „Betroffenen“ (also den Eltern als Vertreter des Kindes, der abgebenden und eventuell aufnehmenden Lehrerin, der Schulleitung, evtl. der Begabtenbeauftragten des Schulamts) zu erörtern.
Was muss ich beachten, wenn mein Kind eine Klasse überspringen soll?
Suchen Sie als Eltern immer als Erstes das Gespräch mit der Klassenlehrerin/dem Klassenlehrer. Sollte das Ergebnis Sie nicht zufrieden stellen, wenden Sie sich an die Begabtenbeauftragte des für Ihre Grundschule zuständigen Schulamtes. Stellen Sie mit ein oder zwei Sätzen einen schriftlichen formlosen Antrag an die Klassen- und Schulleitung.
Das Kind muss zum Zeitpunkt des Überspringens noch nicht das Niveau der nächsthöheren Klasse erreicht haben. Allerdings sollte sein bisher gezeigtes Leistungsvermögen und sein Lernverhalten darauf hinweisen, dass es den bisher nicht gelernten Stoff beschleunigt nachholen kann.
Kann ein Überspringen in der Grundschule eine spätere Empfehlung für das Gymnasium gefährden?
In der Grundschulversetzungsordnung ist das Überspringen von Klassen während der Grundschulzeit geregelt. Danach kann ein Kind auch nach der 3. Klasse in das Gymnasium wechseln, wenn es das Ziel der Abschlussklasse der Grundschule erreicht hat, bzw. es kann im Laufe der 3. Klasse noch in die 4. Klasse wechseln. Wenn das Kind aufgrund des erst kurz zuvor erfolgten Überspringens in Klasse 4 nicht den Notendurchschnitt für eine Gymnasialempfehlung erreicht, bzw. wenn überhaupt noch keine Noten aus Klasse 4 vorliegen, können sich die Grundschulen und die Eltern auf die Aufnahmeverordnung des Kultusministeriums §4 beziehen. Danach kann eine Empfehlung für das Gymnasium ausnahmsweise auch dann ausgesprochen werden, wenn das Kind den Notendurchschnitt von mindestens 2,5 nicht erreicht hat, aber seine bisherige Entwicklung erwarten lässt, dass es den Anforderungen des Gymnasiums entsprechen wird. Und davon muss bei einem hochbegabten Kind, das eine Klasse übersprungen hat, ausgegangen werden!
Wie groß ist die Gefahr, dass das Überspringen wieder rückgängig gemacht wird?
Das Überspringen einer Klasse gilt als bestes Mittel für hochbegabte Kinder zur Leistungssteigerung. Selbst Enrichment, also das gezielte individuell angepasste Anreichern des Unterrichtsstoffs, steht hier hinten an. Das Überspringen einer Klasse wird nur selten rückgängig gemacht; trotzdem kann es natürlich im Laufe des Schullebens eines hochbegabten Kindes dazu kommen, dass es aus unterschiedlichen Gründen heraus eine Klasse wiederholen muss. Dies steht jedoch i.d.R. nicht in direktem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Überspringen, sondern hat oft andere Ursachen, wie eine unpassende Lernumgebung, schlechtes soziales Gefüge, nicht aufgeholte Lernrückstände oder einfach dem Fehlen oder Verweigern von Lernstruktur und -kultur. Hier können Sie als Eltern (teils) mit einwirken und Ihr Kind emotional und praktisch unterstützen.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Überspringen umso gelungener vonstatten geht, je sorgfältiger es von allen Beteiligten vorbereitet wurde. Eine tragende Rolle kommt der aufnehmenden Lehrkraft zu und ihrer Bereitschaft, das ‚neue’ Kind wohlwollend und optimistisch zu begleiten.
Laufe ich als hochbegabtes Kind problemlos durchs Leben?
Dieses Vorurteil über Hochbegabung hält sich besonders hartnäckig, was vor allem daran liegt, dass Hochbegabung häufig mit Hochleistung gleichgesetzt wird und viele Menschen die Vorstellung haben, dass klugen Menschen Erfolg geschenkt wird.
In Wirklichkeit müssen sich hochbegabte Kinder (und auch Erwachsene) zahlreichen Herausforderungen stellen. In der Schule wird der Unterricht ihren Interessen und Fähigkeiten häufig nicht gerecht, durch ihre besondere Denkweise und schnelle Auffassungsgabe fällt ihnen ihre Andersartigkeit auf.
Unterforderung ist mit zunehmendem Alter (etwa mit Beginn der Oberstufe) immer weniger ein Problem, denn selbstbestimmtes Lernen und Handeln sind für hochbegabte Menschen eines der wichtigsten Bedürfnisse.
Dennoch können das Gefühl der Andersartigkeit und für Hochbegabte typische Wesenszüge (wie Perfektionismus, ein erhöhtes Gerechtigkeitsgefühl, „sich zu viele Gedanken machen“ oder „stets an sich zweifeln“) dafür sorgen, dass selbst leistungsstarke hochbegabte Kinder und erfolgreiche hochbegabte Erwachsene nicht von sich behaupten würden, „problemlos durchs Leben zu gehen“.
Informationen zu Testungen
Kindergartenkinder
Wer sich über eine mögliche Hochbegabung bei Kindern im Kindergartenalter oder über die Frage einer Einschulung im Alter von fünf Jahren austauschen möchte, findet in unseren Elterngruppen offene Ohren und einen großen Erfahrungsschatz. Aus Erfahrung wissen wir, dass IQ-Tests in diesem frühen Alter nicht unbedingt erforderlich sind und auch keine langfristig zuverlässigen Ergebnisse erbringen.
Grundschulkinder
Zur Beratung von Eltern und Schulen in Fragen der Früherkennung und Förderung von Kindern mit besonderer Begabung und Hochbegabung stehen bei den Schulaufsichtsbehörden Programme zur Verfügung.
Weiterführende Schulen
In Baden-Württemberg gibt es 28 schulpsychologische Beratungsstellen. Die nächste Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie auf den Seiten des Kompetenzzentrums Schulpsychologie Baden-Württemberg.
Weitere Anlauf- bzw. Informationsstellen
Elterngruppen des LVH
In einer unserer zahlreichen Elterngruppen sind Sie immer sehr gut aufgehoben!
Kompetenzzentrum für Hochbegabtenförderung in Schwäbisch Gmünd
Das Kompetenzzentrum für Hochbegabtenförderung (KH) ist eine Abteilung des LGH und gleichzeitig landesweite Anlaufstelle für Fragen der Hochbegabung.
Karg-Stiftung
Im Karg Stiftungsportal informiert die Karg-Stiftung über den Auftrag (die Förderung hochbegabter Kinder und Jugendlicher in Kita, Schule und Beratung) und die Projekte.
Im Karg Fachportal Hochbegabung vermittelt die Karg-Stiftung Grundlagenwissen zum Thema Hochbegabung und bietet Orientierung zur professionellen Begabtenförderung in Deutschland.
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